Brüssel, 11. September 2024 – Angesichts der rasanten Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) im Übersetzungsbereich häufen sich Berichte in der Presse, die das baldige Verschwinden der Übersetzungsberufe verkünden. Doch die Zukunft ist nicht so düster, wie es scheint. Die KI ist keine Bedrohung, sondern ein ergänzendes Werkzeug. Übersetzerinnen und Übersetzer aus Fleisch und Blut bieten nämlich einen unverzichtbaren Mehrwert bei Texten im Berufsleben bzw. mit Öffentlichkeitswirkung.
KI – eine Revolution? Nun mal langsam!
Seitdem vor rund 20 Jahren die ersten automatisierten Übersetzungsprogramme auf den Markt kamen, haben viele Beobachter das Ende der Übersetzung durch Menschen vorhergesagt. Mit dem Aufkommen von KI und Deep-Learning-Modellen sind diese Unkenrufe erneut zu vernehmen.
Sicherlich hat die KI unbestreitbare Vorteile: Kosten, Geschwindigkeit, Zugänglichkeit und die Fähigkeit, große Textmengen in Sekundenschnelle zu verarbeiten. In den allermeisten Fällen genügt dies jedoch nicht den hohen Anforderungen an die fachliche Qualität. Sobald der zu übersetzende Text komplexe Zusammenhänge, sprachliche Feinheiten oder redaktionelle Mängel aufweist, häufen sich die Fehler.
Halluzinationen
Eine der größten Gefahren liegt in den Halluzinationen der künstlichen Intelligenz: Wenn die KI etwas nicht versteht, nimmt sie eine eigene erfinderische Interpretation vor, ohne den Autor des Ausgangstextes um Klärung zu bitten, was ein menschlicher Übersetzer tun würde. Derartige oft grobe Fehler entstehen willkürlich und können weitreichende Folgen haben, insbesondere im juristischen oder medizinischen Bereich.
Aus diesem Grund müssen KI-generierte Texte für den professionellen Gebrauch zumindest von einem menschlichen Experten gründlich überprüft werden, bevor sie verwendet werden dürfen. Nur gut ausgebildete Fachleute sind in der Lage, die erforderlichen Korrekturen vorzunehmen, Nuancen zu verfeinern und eine sensible kulturelle Anpassung zu gewährleisten. KI ist also keineswegs das Ende dieses Berufs, sondern sie gehört wie andere Werkzeuge zur breiten Palette professioneller Übersetzer.
Vertraulichkeit und Datenschutz
Die Datensicherheit ist ein weiteres Thema, das Anlass zur Sorge gibt. Im Gegensatz zu menschlichen Übersetzern, die an strenge berufsethische Regeln gebunden sind, können KI-Systeme die Sicherheit sensibler Informationen nicht im selben Maße gewährleisten. Bei vertraulichen Dokumenten stellt die Nutzung einer kostenlosen automatisierten Plattform ein Risiko dar, das den Unternehmen oder Institutionen stets bewusst sein muss. Hier kommt menschlichen Übersetzern bei der Kundenberatung eine zentrale Rolle zu: Sie sollten dafür sorgen, dass professionelle Tools eingesetzt werden, die umfassende Sicherheit und absolute Vertraulichkeit garantieren.
Die Zukunft der künstlichen Intelligenz in der Übersetzungsbranche.
KI sollte daher nicht als Bedrohung, sondern als Werkzeug gesehen werden. Ebenso wie Übersetzungssoftware, die seit zwanzig Jahren zu gesteigerter Produktivität geführt hat, ohne jedoch die Übersetzer zu ersetzen, ermöglicht es die KI den Fachleuten, sich auf Aufgaben mit höherem Mehrwert zu konzentrieren.
Inzwischen ist eine Aufspaltung des Marktes in mehrere Segmente zu beobachten: Die kostenlose Übersetzung durch KI mit ungeprüfter Qualität als erstes Segment; dann ein Segment von mittlerer Qualität, in dem ein menschlicher Korrektor maschinelle Übersetzungen überprüft und Missverständnisse und offensichtliche Fehler entfernt (im Fachjargon Post-Editing genannt); und schließlich das Segment optimaler Übersetzungen mit einem hohen Maß an Qualität, kultureller Anpassung, Kreativität, Genauigkeit und Vertraulichkeit. Letzteres wird durch Berufsübersetzerinnen und -übersetzer mit Hochschulausbildung gewährleistet, deren Fachwissen auf dem Markt weiterhin sehr gefragt ist. Mit ihrem Verschwinden ist nicht zu rechnen.
Man könnte meinen, dass die Qualität der KI-Übersetzungen immer besser wird und die menschliche Übersetzung entsprechend zurückdrängt. Anscheinend ist jedoch das Gegenteil der Fall. Die KI lernt fortlaufend von den Inhalten, die sie selbst generiert hat, was zu einer zunehmenden Konzentration von Fehlern und Verzerrungen führt. Diese „Inzucht“ kann laut dem Forscher Jathan Sadowski dazu führen, dass sich die Qualität der KI-Inhalte im Laufe der Zeit verschlechtert, was tatsächlich auch für übersetzte Inhalte gilt.
Die KI verändert also zweifellos die Übersetzungslandschaft, aber sie wird nicht zum Totengräber des Berufsstandes. Zwar werden immer mehr nicht ganz so wichtige Übersetzungen von Maschinen übernommen, doch für Texte, die sprachliche Präzision, kulturelles Fachwissen, Nuancen und kritisches Denken erfordern, sind menschliche Übersetzer nach wie vor unverzichtbar.
Über die CBTI Die 1955 gegründete Belgische Kammer der Übersetzer und Dolmetscher ist eine königliche Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht. Als Berufsorganisation, die Übersetzer und Dolmetscher aus ganz Belgien vereint und sie im Hohen Rat der Selbstständigen und KMU vertritt, hat sie mehrere Aufgaben. Sie führt zum gegenseitigen Nutzen Berufsgruppen zusammen, deren Tätigkeit direkt mit dem Übersetzen und Dolmetschen verbunden ist, und vervollkommnet durch ständige Weiterbildung deren berufliche Kenntnisse. Und sie fördert das Ansehen der satzungsgemäßen Berufe und vertritt die gemeinsamen beruflichen Interessen ihrer Mitglieder. Weitere Informationen unter: https://www.cbti-bkvt.org. Die CBTI ist Mitglied des Internationalen Übersetzerverbands Fédération internationale des traducteurs (FIT). |
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